RICHTLINIEN BVFS



I. Haftpflichtschaden

1.Reparaturfälle

 



Restwertangaben im Gutachten / 70 %-Grenze

eindeutige Reparaturfälle
  

Auf Grundlage der Empfehlungen des 28. Verkehrsgerichtstages ist in so-genannten eindeutigen Reparaturfällen eine Restwertangabe nicht erforder-lich. Anhaltspunkt für die Erforderlichkeit einer Restwertangabe sind Reparaturkosten zzgl. einer eventuellen Wertminderung, die oberhalb von 70 % des Wiederbeschaffungswertes liegen.

Wird durch den Sachverständigen auch in sogenannten eindeutigen Reparatur-fällen ein Restwert angegeben, hat die Restwertermittlung auch in diesen Fällen die hier gemachten Empfehlungen zu berücksichtigen. Die Angabe eines sogenannten rechnerischen Restwertes ist nicht vorzusehen.



2. Konkretisierung von Restwertangeboten im Gutachten

Grundsätzlich sollen im Gutachten keine konkretenv Restwertangebote auf-geführt werden. Analog der Praxis bei der Ermittlung des Wiederbeschaffungswertes ist auch der Restwert der Wert, der üblicherweise an dem relevanten Markt für ein derartiges Fahrzeug erzielt werdenkann (s. § 9 BewertungsG).


3. Restwertermittlung durch den Kfz-Sachverständigen

Verhältnis allgemeiner Markt-Sondermarkt

Grundlage der Restwertermittlung durch den Kfz-Sachverständigen im KH-

Schaden sind die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 6.4.1993, Az. VI ZR 181/92 vom 30.11.1999, Az. VI ZR 219/98.


Der Kfz-Sachverständige hat unter Berücksichtigung dieser Ent-scheidungen bei der Restwertermittlung den dem Geschädigten zugänglichen allgemeinen regionalen Markt zu berücksichtigen.


Der BGH hat in beiden Entscheidungen die besondere Situation des Geschädigten berücksichtigt, dem eine unkomplizierte Schadenbeseitigung möglich sein muss. Hierzu zählt auch, dass sich der Geschädigte nach einem Verkehrsunfall in erster Linie an seinen Kfz-Betrieb wenden können soll und er nicht auf ihm regelmäßig nicht zugängliche Märkte verwiesen werden darf.

 

Ausdrücklich weist der BGH deshalb darauf hin, dass sich der Geschädigte

im Totalschadenfall regelmäßig an seinen Kfz-Betrieb wenden kann, um im

Wege des Koppelgeschäftes ein neues Fahrzeug bei Inzahlungnahme des

beschädigten Fahrzeuges zu erwerben.

Auf Grundlage dieser Intention hat der Kfz-Sachverständige den für den

Geschädigten zugänglichen allgemeinen Markt bei der Restwertermittlung

zu berücksichtigen. Hierbei handelt es sich in erster Linie um regional an-

sässige Kfz-Betriebe sowie um Gebrauchtwagenhändler.


Der Kfz-Sachverständige hat die Angebote unter Angabe der voraussicht-

lichen Reparaturkosten sowie des Wiederbeschaffungswertes des Fahr-

zeuges einzuholen und diese Angebote aus Kfz-Sachverständigensicht zu bewerten. Nach Möglichkeit sollten 3 Angebote eingeholt werden.


Im Rahmen der Sachverständigenbewertung hat der Kfz-Sachverständige

auch die Verwertungsmöglichkeiten des Fahrzeuges, die durch den all-

gemeinen Markt genutzt werden, in angemessener Weise zu berücksichtigen.



Die weitere Verwertung des Fahrzeuges erfolgt regelmäßig am sogenannten Sondermarkt. Der Sondermarkt wird definiert als der Markt der Verwertungsbetriebe und der Restwerthändler. Bestandteil des Sondermarktes sind auch die Anbieter der elektronischen Restwertbörsen. (Berücksichtigungsfähig sind ausschließlich Restwerthändler und Verwertungsbetriebe, die in Deutschland geschäftsansässig sind.)


Nach einheitlicher Rechtsprechung handelt es sich bei dem Restwert um

einen Marktwert.

Der Kfz-Sachverständige hat bei der Überprüfung und Bewertung der

Angebote des relevanten allgemeinen Marktes im Rahmen der Angebots-

einholung aus dem Bereich des Sondermarktes auch zu berücksichtigen,

ob die Preisvorstellungen des Sondermarktes unter Berücksichtigung der

technischen Gegebenheiten nachvollziehbar sind.

Bei der Überprüfung der Restwertangebote des allgemeinen Marktes

anhand der Angebote des Sondermarktes sind außergewöhnliche Angebote nicht zu berücksichtigen, soweit es sich nicht um einen üblicherweise am Sondermarkt erzielbaren Restwert handelt. Der Sachverständige hat bei seiner Bewertung vielmehr mehrere Angebote von Restwerthändlern und Verwertungsbetrieben in die sachverständige Beurteilung der Angebote des allgemeinen Marktes einfließen zu lassen.


Briefehandel ist bei der Restwertermittlung nicht zu berücksichtigen.


4. Technischer Totalschaden

In Fällen des technischen Totalschadens (Zerstörung des Fahrzeuges) sowie in Fällen, in denen die Reparaturkosten den Neupreis des Fahrzeuges um ca. 50 % übersteigen (Verlautbarung des BM Verkehr, Bundesverkehrsblatt 92, S. 100 ff.), ist davon auszugehen, dass der Fahrzeugbrief zu entwerten ist. In diesen Fällen hat daher die Restwertermittlung unter Berücksichtigung der Annahme der Briefentwertung zu erfolgen. Ein entsprechender Hinweis im Gutachten ist aufzunehmen.



5. Teileverwertung

Aus ökologischen und ökonomischen Gründen ist im Rahmen der Restwertermittlung durch den Kfz-Sachverständigen als Vergleichsbasis auch die Möglichkeit der Verwendung des Fahrzeuges als Teilespender zu prüfen.


Als Verwertungsbetriebe sind ausschließlich zu berücksichtigen die nach der Altautoverordnung zertifizierten Verwertungsbetriebe. Insbesondere bei entwerteten Fahrzeugbriefen ist der Verwertermarkt bevorzugt

zu berücksichtigen.



II. Die Restwertermittlung im Kaskoschaden

Die Restwertermittlung im Kaskoschaden unterliegt identischen Grund-

sätzen wie die Restwertermittlung im Haftpflichtschadenfall.


Das Weisungsrecht des Versicherers gegenüber dem Versicherungsnehmer 

im Zusammenhang mit der Veräußerung des Restwertes ist zubeachten.


Soweit der Auftraggeber die Weisung erteilt, bestimmte Restwertmarktteil-

nehmer zu berücksichtigen, bestehen keine Bedenken, dieser Weisung zu entsprechen. Soweit der Auftraggeber eine Weisung dahingehend erteilt, die ermittelten Restwertangebote konkret im Gutachten zu benennen, kann in gleicher Weise verfahren werden.


Erstellt der Sachverständige in einem Kaskoschaden das Gutachten für den Versicherungsnehmer, soll ein rechtsberatungsgesetzkonformer Hinweis be-

züglich des Weisungsrechtes des Versicherers hinsichtlich der Restwertver-

wertung im Gutachten aufgenommen werden.



III. Streitfälle

Bei Auseinandersetzungen über die Höhe des Restwertes richtet der BVSK

eine Schiedsstelle des ATR ein, die aus zwei Sachverständigen des ATR, einem Sachverständigen der Versicherungswirtschaft sowie ohne Stimm-

recht einem Juristen besteht. Anrufungsberechtigt sind der regulierungs-

pflichtige Versicherer, der Auftraggeber des Sachverständigen sowie der BVSK Kfz-Sachverständige.

 

Für Nicht-BVSK-Mitglieder kann eine freiwillige Überprüfung vereinbart werden.

Im Bereich der Restwertermittlung im Kaskoschaden sind die versicher-ungsvertragsrechtlichen Besonderheiten zu beachten. (Vorrangiges-Sachverständigenverfahren, § 14 AKB, Weisungsrecht des Versicherers)

Die Kosten der Überprüfung ergeben sich aus der ATR-Kostenordnung.